BUNDjugend Nordrhein-Westfalen  

Interview mit Abdu und Anna

von Isabell Popescu

Anna und Abdurahman (wird auch gerne Abdu genannt) sind Vorstandsmitglieder und gehen neben ihrem Engagement für die BUNDjugend NRW noch zur Schule.
Ich rief die beiden an einem Nachmittag an, als die Thermometer für draußen 31 Grad messen.
Anna kam gerade aus der Schule, Abdu machte eine Pause von seiner Mathematikkonferenz in Karlsruhe. Im Interview teilen sie ihre Sicht auf die Klimakrise hier, in Ägypten, Nigeria und weltweit.

Wo seid ihr gerade und wie sieht es draußen aus?
Abdu: Also, hier in Karlsruhe, wo ich gerade bin, ist es sehr heiß. Es ist echt schwierig länger als 5 Minuten in der Sonne zu bleiben.
Anna: Ich bin zu Hause in Neuss. Hier fließt ja der Rhein. Als ich letztens nach Düsseldorf gefahren bin habe ich den Wasserspiegel ganz gut erkennen können an den Treppen, wo die Boote anlegen normalerweise und wo jetzt so ein großer Spalt ist, einfach weil der Wasserpegel total niedrig ist momentan. Ein Nachbar von mir baut sein Gemüse an und mit ihm spreche ich viel über die Trockenheit der Böden und wie sich der Boden verändert hat in den letzten Jahren. Für die Bäume hier ist es auch zu trocken geworden und wir brauchen eigentlich andere Bäume. Bei uns auf dem Schulhof gibt es z.B. vor dem Chemieraum einen Baum über den meine Mitschüler*innen und ich immer wieder sprechen, weil die Blätter fallen.

Ist die Klimakrise bei euch in der Schule oder für euere Mitschüler*innen ein Thema?
Abdu: In Deutschland ist es bei meinen Freunden, oder in meiner Schule nicht so ein wichtiges Thema, leider, der Klimawandel. Also, es spricht keiner dagegen, dass es ihn gibt, aber es nimmt niemand so wichtig, obwohl es ihnen bewusst ist. Im Unterricht wird schon darüber gesprochen, aber es ist halt die Frage, ob es sie juckt, wenn sie nicht so davon betroffen sind.
Anna: Im Unterricht wird bei uns auch viel darüber gesprochen, in Erdkunde z.B. über die Dürre. Oder als die großen Brände in Australien waren. Und auf dem Schulhof sprechen wir schon darüber, wie heiß es geworden ist, also auch im Vergleich dazu, wie ich es aus meiner Kindheit kenne (lacht). Die heißeste Stadt dieses Jahr war ja Sevilla, da war es 50°C heiß, das sind ja keine humanen Bedingungen. Eine Mitschülerin von mir kommt aus Sevilla. Wir sprechen schon viel darüber, wie es für uns wohl in der Zukunft wird. Wir fragen uns, wie wir Maßnahmen machen können, damit wir in Zukunft überhaupt noch leben können. Das ist das Gesprächsthema bei uns.

Und wenn ihr an die Klimakrise weltweit denkt, was kommen euch dann für Bilder in den Sinn?
Abdu: Ich muss an Ägypten denken.
Isabell: Da warst du jetzt im Juli zu Besuch.
Abdu: Ja, genau. Da ist die Dürre viel größer und spürbarer als hier. Da ist es oft 45 Grad heiß. das ist eigentlich nicht zum Leben geeignet. In meiner Zeit in Ägypten in den Ferien haben wir versucht von 11 – 16 Uhr das Haus nicht zu verlassen.  Als Tourist geht das, aber für die Menschen, die arbeiten müssen, die vielleicht auch auf der Straße arbeiten, ist es echt eine harte Situation. Ich glaube, dass Ägypten und Nordafrika schon viel viel mehr vom Klimawandel betroffen sind, als wir hier.
Anna: Mich beschäftigt sehr die globale Klimaflucht. Ich habe auch im Bundestag schon darüber geredet. Denn ich denke, dass Klimaflucht als Asylgrund anerkannt werden sollte. Es wird gesagt, dass Menschen aus wirtschaftlichen gründen fliehen, obwohl es der vom globalen Norden verursachte Klimawandel ist, der ihnen die Grundlagen entzieht, also z.B. die Dürre sich ausbreitet und Landwirtschaft unmöglich macht. Dürre ist jetzt auch in Europa ein Thema. In Afrika breiten sich die Wüsten aus. Unter der Ausbreitung der Sahara leiden so viele Menschen! Diese Menschen finden dort keine Lösung. Das macht mir Angst!
Ich denke aber auch an all den Plastikmüll, den ich in Nigeria gesehen habe. Riesige Müllhalden an den Straßen, in denen die Tiere leben und das Plastik in die natürlichen Kreisläufe kommt und Tiere und Menschen krank macht. Plastikmüll weltweit ist einfach so ein krasses Bild für unseren übertriebenen Konsum.

In Deutschland wird immer mehr und offener über die Klimakrise gesprochen.  Hast du das in Ägypten auch so erlebt, Abdu?
Abdu: Also, in Ägypten ist das Thema tatsächlich immer, wie gerade das Wetter ist. Viele Menschen in Ägypten sind von Armut betroffen und da ist es wichtiger, gut zu leben oder überhaupt zu überleben. Durch die Ukrainekrise sind die Lebensmittelpreise total gestiegen. Ich weiß nicht, wie die Menschen das überhaupt schaffen.

Anna, du warst diesen Sommer in Nigeria. Welche Gespräche hast du dort geführt?
Anna: Ich habe mit Jugendlichen über Climate Change gesprochen und sie auch gefragt, wie sie Europa in dem Zusammenhang sehen. So ein Gespräch habe ich z.B. im Friseursalon geführt mit Jugendlichen, die mich auf meinen Akzent angesprochen haben und dann erfuhren, dass ich aus Deutschland komme. Und ja, es hat mich nicht überrascht zu hören, dass sie sehr frustriert sind und sich alleine gelassen fühlen. Sie haben kein Vertrauen in ihre Regierung, und auch kein Vertrauen in Europa. Sie haben Angst, wenn sie in die Zukunft blicken.

Wie fühlt ihr euch, wenn ihr an die Klimakrise denkt?
Abdu: Also, ich fühle mich sehr sehr schlecht. Z.B. habe ich in Frankfurt an der Oder gelebt und war früher jeden Tag an der Oder. Dass jetzt Hunde nicht mehr vom Wasser trinken dürfen, und diese tausende Fische gestorben sind, das hat mich sehr sehr berührt. Das ist sehr schlimm.
Anna: Also, in mir gibt es auch Ärger über Menschen, die einfach so weiter machen wollen und die keine Veränderung wollen. Die sich z.B. aufregen darüber, dass es jetzt keine Plastikgabeln mehr gibt. Das macht mich echt wütend.

Was machst ihr, um euch gegen die Klimakrise einzusetzen?
Abdu: Also, ich denke, es ist gut damit anzufangen, sein Umfeld zu überzeugen, nicht zu überreden. Und vielleicht auch sie dazu zu bekommen, zu fühlen, was man selber fühlt.
Isabell: Kannst du das näher erklären?
Abdu: Also, einfach, dass man durch sein Verhalten, die Menschen beeinflusst. Jeder, der an Abdu denkt, denkt z.B. daran, dass Abdu ein nachhaltiger Mensch ist. Einfach durch mein Verhalten.
Aber sonst würde ich sagen, dass es gut ist, sich Gehör zu verschaffen, vielleicht mit einer Gruppe.
Anna: FFF oder andere Gruppen oder Bewegungen haben echt schon viel geleistet! Auch mit Bewegungen aus BI*PoC-Menschen sorgen wir echt für viel Umschwung. Mein Mantra ist dazu momentan, dass ich versuche, so viele Menschen wie möglich zu bewegen. Damit die Zukunft etwas rosiger wird, als sie jetzt gerade ist.

Gibt es was, auf dass ihr euch freut?
Abdu: Ja, auf die LCOY Ende Oktober in Lüneburg. Einfach, dass da viele Menschen zusammen kommen und diskutieren und ja auch, dass sie sich Gehör verschaffen.
Anna: (strahlt) Auf jeden Fall! Ich habe mich gestern für eine Fachtagung in Berlin beworben. Ich freu mich auch total auf die BIPoC Klimakonferenz (dieses Jahr heißt sie Klimafest), weil da einfach mehr intersektionale Perspektiven gebracht werden und die Klimabewegung den MAPA, also den Most Affected People and Areas, eine Stimme gibt. Und dann denke ich natürlich auch an das PERSP:ACTIVE Festival, wo wir Klima und Kolonialismus in Zusammenhang bringen.

Ihr freut euch auf Formate, in denen es um Vernetzung geht. Ist das Zufall?
Abdu: Vernetzung ist wichtig! Wir vernetzen uns auch gerade mit anderen Jugendumweltverbänden, um Forderungen an die Landesregierung zu stellen.
Anna:
Ich denke, Vernetzung ist die Grundlage für unsere Klimabewegungen! Das kann auch einfach so Sachen betreffen wie Fördermittel, oder bestimmte Zielgruppen zu erreichen. Da hilft es total mit anderen Vereinen oder Gruppen darüber zu reden.
Außerdem ist es super inspirierend für mich mit anderen Vereinen über ihre Sichtweisen und unsere Inhalte zu reden, über Klimagerechtigkeit mehr zu sprechen.
Das ist wirklich spannend als Vorstandsmitglied der BUNDjugend NRW in Gespräche zu gehen. Den BUND kennen einfach so viele Menschen! Das ist einfach toll, denn dann werden direkt schon alle unsere Werte verstanden, die wir mit dem BUND teilen. Gleichzeitig kann ich dann aber immer betonen, dass ich vom Jugendverband bin und dann kann ich davon schwärmen, was wir in NRW für coole Projekte machen zu intersektionalen Themen. Da bin ich wirklich sehr stolz drauf. (lacht) Und sehr froh, die BUNDjugend NRW nach Außen zu vertreten.